Mercedes-Benz

Diese Tage wurde eine schwedische Legende des Autobaus, Volvo, an einen chinesischen Hersteller verkauft. Die Zeiten ändern sich im Automobilbau und plötzlich werden alte Wahrheiten in Frage gestellt und alte Könige werden zu Untertanen. Für Mercedes-Benz haben sich die Zeiten genauso rasant geändert und ich frage mich, was eigentlich mit dieser Firma los ist und ob ihr auf Dauer dass Schicksal eines Volvos erspart bleiben wird. Scheinbar scheint diesem deutschen Traditionsunternehmen der Geist der Gründerväter völlig abhanden gekommen zu sein, denn statt für exklusive Automobile steht Mercedes nun für bessere Massenware, für die Fahrzeuge für Sozialaufsteiger. Prestige, Status und den Ruf, hervorragende Automobile zu bauen, gehen zunehmend abhanden. Als eines der letzten Autohäuser beschliesst man fernab gen jeden ökologischen Trend und jede wirtschaftliche Vernunft weiter in der Formel 1 zu bleiben und verpflichtet den Privatier Schuhmacher dafür; das Risiko eines frühen Todes im Silberpfeil vor Augen.

Die Modellpolitik war seit der Chrysler-Fusion seit Jahren außer Rand und Band. Mit Grauen wurden Nutzfahrzeuge wie der Vaneo ins PKW-Programm gehievt, die A- und B-Klasse lassen viele Fahrer der gehobenen Klasse (also ab E-Klasse) mitleidig auf sie hernieder blicken, denn sie haben so gar keine Ingredenzien von Luxusautomobilen. Sie wären besser in einer zweiten Marke aufgehoben gewesen – jetzt rächt sich dies am Markenkern, dessen Wert man so verhunzte. Der Innenraum der Fahrzeuge,einst Sinnbild für Komfort, Handwerksqualität und Eleganz, sind weit hinter die Designaltare der Konkurrenz zurückgefallen. Wo Audi und BMW mit Materialien und elegantem Aufbau verblüffen geht das aktuelle Konzept steil in die Vergangenheit. Die Verarbeitungsqualität der Vergangenheit und die Anmutung der Materialien dagegen ist dahin. BMW hat verstanden, dass die Designer wie Chris Bangle oder nur Adrian van Hooydoonk die wahren Stars sind und gibt Ihnen dafür auch öffentlichen Raum, den sie werbewirksam einzusetzen wissen. Bei Mercedes war der Vorstand schon immer die lauteste Abteilung – wir sind die Könige der Welt scheint man sich dort zuzurufen.

Zwar ist man mit den neuen Antriebskonzepten recht gut aufgestellt, auch der Hybrid ist im Vergleich zu Toyotas Lexus eine formidable Konstruktion. Aber Markennamen wie “Blue Efficiency” verraten flugs den Markenkern – der war eigentlich mal Deutscher, wie es gar nicht mehr Deutscher geht. Früher hatte man noch den deutschen Begriff ABS (Anti-Blockier-System) erfolgreich durchgesetzt, nun Kunstwörter aus Gotas Namenfabrik aller Orten, die alles und nichts bedeuten – vor allem aber haben sie wenig Persönlichkeit und Identität.
In einer globalisierten Konsumwelt ist Identität ein Potential zur Differenzierung, es ist wenig erfolgsversprechend, dass man einfach genauso ist wie alles andere. Das Abenteuer Chrysler und die Jahre des Niederganges unter Schrempp mögen beendet sein, doch wie sieht die Zukunft für die Firma aus? Wie sieht die globale Seele eigentlich aus? Hat Sie einen Kern und darf der eigentlich noch aus Stuttgart kommen? Interne Zwiste im rührigen Betriebsrat rund um den Standort Sindelfingen gehen in die Presse und scheinbar kommt beim Stern alles dass durch, was anderswo nur über die Chefetagen gedacht wird: “Die haben keine Ahnung wo wir am leide sind!” Früher war man mal stolz, beim Daimler zu schaffen – heute behandelt man die Garanten der Qualität wie Ressourcen und die Mitarbeiter behandeln Ihren Arbeitgeber wie irgendeinen anderen.
Die globale Perspektive hat den Konzern vielleicht gefordert und wohl auch überfordert. Ein Reich von Japan bis Detroit hat den doch relativ kleinen Konzern stark gefordert, der so schnell gar keine guten Manager backen konnte wie er sie verbrannte. Traurig dass Desaster Smart. Es brauchte zehn Jahre, bis das geniale Konzept in die Zeit passte und genügend Resonanz erzeugte. Einst als Totgeburt verschrien, eroberte der Zwerg eine Nische, die man tatsächlich ökologischer nennen konnte als alles, was die Konkurrenz, ja sogar Volkswagen, zu bieten hatte zu einem akzeptablen Preisniveau. Als aber die Planzahlen damals mit der ersten Version des Smart for Two nicht erreicht werden konnten, schmiss man gutem Geld auch weiter gutes hinterher und baute auf der Plattform gleich einen Roadster und einen Viersitzer – beides finanzielle Katastrophen und wider dem Markenkern von Smart – der war nämlich schon zu Beginn von ökologischen Gedanken getragen – nicht “Fahrspass für Yuppiekids”. Der Smart war eben kein Mini, dass hat man falsch verstanden, der Smart hat eine andere Seele. Dafür war man aber nicht mutig genug und verfiel in schwäbisches Duckmäusertum – beim Marketing war man schon immer etwas zu konservativ. Den Appeal eines Mini konnte das biedere Stuttgart-Marketing nie erreichen, dem bajuwarischen Erfolg jammerte man zusehends hinterher. Wie man eine Marke emotional auflädt, machte Audi vor. Nun benannte man die ganze Firma erneut um: Von Daimler-Benz AG zu DaimlerChrysler, von DaimlerChrysler zu Daimler AG. Wo ist der Benz geblieben? Ja, man will ein Zeichen setzen, dass man nicht einfach so sein darf wie früher, man muss sich ja auch ändern soll der Name sagen – aber wohin? Zu einer 50% Firma?
Statt also zu warten, bis die Zeit für den Smart reif war – blinder Aktionismus aller Orten. Ein gutes Indiz für ein absolutes Führungsvakuum – nur dort, wo strategische Windstille herrscht, ist operativ ein Sturm zu befürchten. Nur bei E- und S-Klasse scheint man mittlerweile in Stuttgart noch zur Vernunft zu kommen: die Frage ist, wie lange dass noch gut gehen kann – die Konkurrenz ist in diesem Segment zusehends stärker geworden. Man ist in Untertürkheim sogar stolz darauf, dass die Scheichs Spielgeld in die eigene Firma stecken – sind dass aber die Aktionäre, die man braucht, um Autos zu bauen, die in die Zeit passen? Unter diesen Vorzeichen steht der Formel 1 Wahnsinn unter anderen Vorzeichen – es sollen ja nicht nur Ferraris über Dohas neue Rennstrecken brausen. Eine wirkliche Vision für Automobile des 21. Jahrhunderts fehlt und somit ist der Erfinder des Automobils noch längst nicht derjenige, der seine Geschichte auch im 21. Jahrhundert in eine neue Dimension übersetzen wird können. Eigentlich schade drum. Aber wenn die Deutschen sich als Eigentümer verabschieden, naja, dann darf man sich nicht wundern, dass die Kultur des Unternehmens zusehends die Eigentümerdiversität widerspiegelt. Das mag kulturell wünschenswert sein – für ein Unternehmen, dass tolle Autos bauen will, kann dass zum Problem werden.

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