Apples Genie Steve Jobs? Genie Steve Jobs ohne Apple?

Es war absehbar, dass das Wachstum von Apple irgendwann eine Delle kriegt. Es liegt nicht an den bestehenden Produkten, die bis auf Details in Summe alle sehr, sehr gut sind. Das Denken und Reden über die Apple Aktie offenbart aber, wie wir über Firmen und Menschen denken: Es gibt da die Angestellten, die dienen. Und da gibt es die Genies, die zaubern. Und es gibt die Konsumenten, die kaufen und das gelobte Produkt verehren. Nichts könnte weiter weg sein von der Wirklichkeit als dass, es ist eine mediale Erfindung, weil die Medien Apple zu großen Teilen nicht verstanden haben. Apple ist nicht die Tat eines Einzelnen, es ist als solches in den 80ern bereits kolossal gescheitert. Apple ist erst dann gewaltig gewachsen, als Steve Jobs als ein anderer Mensch zurückkehrte. Und der hatte durch seine Niederlagen verstanden, dass nicht er das Genie ist und nicht seine Großartigkeit den Unterschied macht. Sondern dass er eine Rolle hat, wenn auch die des Dirigenten: Dieser sorgt dafür, dass die besten Musiker der Welt, die er bekommen kann, gemeinsam und nach Ihren Talenten und Fähigkeiten ein Stück zur Aufführung bringen. Alle Musiker lieben Musik und der Dirigent lädt sie ein, sich am Stück zu beteiligen. Deswegen, weil alle ein wunderbares Werk begründen wollen, beteiligen sich alle. Sie wissen: Nur beim besten Dirigenten darf ich mich entfalten, werden meine Talente gebraucht und ich habe tatsächlich die Möglichkeit, sie zur Entfaltung zu bringen. Das Steve Jobs ein Bully war, das stimmt – aber das war der junge Steve Jobs. Der gereifte Steve Jobs war ein guter Zuhörer, ein fabelhafter Kommunikator und ein brillanter Visionär, der Talente gesucht und gefunden hat. Sein Team war das beste Team und er hat es schön ausgedrückt in seinem Statement “Ich denke über Apple wie über die Beatles. 4 völlig verschiedene Typen, jeder anders und jeder hilft mit die guten und schlechten Seiten des anderen in Balance zu halten, so dass ein wunderbares Werk entstehen kann.”

Ist Tim Cook auch so ein guter Dirigent? Das ist sehr schwer zu sagen, wenn man nur seine öffentlichen Auftritte kennt. Leider ist bislang nicht ganz soviel Charisma erkennbar, aber das mag daran legen, dass die Genese von Steve Jobs seit frühesten Tagen öffentlich war. Es ist die Geschichte von Saulus zum Paulus, vom Jünger, vom Guru, vom Heilsbringer, vom Künstler, der Künstler vereint. Vom Genie. Vom besten Denker. Aber das sind eben nur Aspekte der Person des öffentlichen Steve Jobs, es ist genauso klar, dass er vielleicht ein schlechter Programmierer und Systemarchitekt war, aber er versuchte mit jedem noch so großen Nerd und Autisten zu reden. Und diese Kommunikation ist immer besser geworden. Darin liegt tatsächlich sein Verdienst, aber es gibt keinen Grund, warum Tim Cook nicht auch ein guter Kommunikator sein sollte.

Die Entwicklung der Apple Aktie liegt seit heute nicht nur psychologischer Belastung zu Grunde, dass nämlich Erfolg nicht unendlich fort schreibbar ist und ganz christlich gesehen auf Aufgang der Niedergang folgt, so wie die Sonne kommt und geht. Das ist aber nur die Drehung der Erde, die Erde existiert immer in gleicher Form. Wohl aber stellt sich die Frage, welchen Zweck Apple hat. Apple stellt elektronische Produkte und Software her, die sie hervorragend miteinander vereinen und die Wertschöpfung lässt auch Lizenzen von Dritten zu (App Store, Movies, Musik, etc.). Letztlich und im Kern handelt es sich dabei um ein hochentwickeltes Werkzeug. Jobs sagte, er wolle “a Bicycle for the Mind” schaffen. In diese Richtung geht es auch, auch wenn der moderne Computer eher eine schlechte Krücke ist. Aber immerhin, wir können Daten speichern, kreativ entwerfen und uns vernetzen mit anderen. Ein Anfang jedenfalls, denn noch heute können kreative Ideen genauso gut und noch fliessender an einem White Board Gestalt annehmen. Und hier liegt ja die eigentliche Rolle von Apple: Statt eine Rechenmaschine mit anderen Knöpfen zu entwerfen, “think different”. Computing ist nicht nur für Nerds, sondern jedermann sollte mit seinen bereits gegebenen Fähigkeiten in der Lage sein, eine Maschine zu bedienen und Ergebnisse produzieren (Benutzerfreundlichkeit). Und er sollte möglichst einfach und ohne Hemmungen großartige Ergebnisse erzielen, ein echtes Werkzeug für kreative Menschen, denn die interessierten Jobs am meisten: Er wollte das Werkzeug für die Künstler schaffen, damit diese die Welt verändern. Sein Beitrag war das Werkzeug und natürlich haben seine Produkte unsere Welt voran gebracht – letztlich meinen wir, dass er die Evolution des Menschen unterstützt hat. Das ist ein verflucht großer Beitrag für einen Elektronikhersteller, der üblicherweise Kisten schweißen, Drähte löten, Chips einkaufen und programmieren als Grundqualifikationen braucht, um erfolgreich Computer zu bauen.

Wenn Apple Erfolg haben will, dann muss es diese Kernbegründung, diesen Nukleus, tatsächlich erkennen und neue beleben: Es geht darum, den Menschen weiter voran zu bringen und ihm ein noch besseres “Bicycle for the Mind” zu bauen. Das ist aber auch eine Mammutaufgabe. Das iPhone hat uns soviel gebracht, dass wir nicht verstehen, wieviele Entwicklungen dem voraus gegangen sind. DAs iPhone ist nicht eine Technologie, sie besteht aus tausenden Technologien, intelligent zusammengefügt in einem neuen Kontext als “a phone, an internet communication device, an iPod….do you get i? This is not 3 devices, this is ONE device.”

In Wahrheit ist das iPhone noch viel mehr, es ist Kamera, es ist ein Sensorinstrumentarium, eine Navigation, ein Fernseher, eine Programmieroberfläche, etc…….und dann für viele Menschen ein konkretes Werkzeug um sich zu orientieren, Mails zu lesen, mit anderen zu Videos zu teilen, sich zu vernetzen, Stimmungen auszudrücken, usw. Um dies zu ermöglichen, braucht man viele Grundlagentechnologien. Die fallen nicht vom Himmel, die sind teilweise das Ergebnisse von Jahrzehnten der Forschung, begnnen wir mal nur im 20. Jahrhundert, nur eine klitzekleine Auswahl:

– Halbleiter
– Röhren/Displays/Fernseher
– Programmiersprachen
– Internet
– Telefon
– Mobiles Telefonieren
– Datenübertragung per Funk
– Datenformate wie MP3
– Benutzeroberflächen (von der Tastatur zur Maus zum Finger zur Sprache….)
usw.

Eine Innovation wie das iPhone ist nicht eine einzige Idee – es ist die intelligente, kreative Kombination von vielen Technologien. Es ist somit durch diese Technologien vieles mehr geworden und ändert tatsächlich viele Industrien. Die Kerntechnologien in vielen Bereichen brauchen noch mehr Entwicklung, um ganz neue Potentiale zu bieten. Die künstliche Intelligenz ist nicht soweit gediehen, solange kein Computer mit einem Drucker sprechen kann. Die Spracherkennung von Computer ist immer noch rudimentär, auch wenn sie schon einiges hinbekommt. Wie wir ohne Einsatz des Körpers quasi direkt Gedanken in Befehle und Kommunikation mit Maschinen übersetzen wollen, ist noch völlig unklar. Es gibt da erste Ideen, aber letztlich verstehen wir dazu noch viel zu wenig, vor allem von der Funktionsweise unseres eigenen Gehirnes.

Neue Produkte wie die Apple Watch, die ich gerne trage,sind wirklich tolle Produkte, aber sie sind eine Veränderung des Formfaktors mit starken Limitationen. Sie ergänzen eher das Smartphone als zentrale Recheneinheit, Ihre Bedienung ist zwar gut, aber nicht ganz so gut wie beim iPhone. Sie nimmt deutlich weniger Aufgabe war, ergo ist sie auch kein Produkt, dass aktuell das iPhone bzw. Smartphone verdrängen wird. Außerdem fehlt ihr vor allem das Geschäftsmodell: In ein 1000€ iPhone investieren die Leute dank Subskriptionsvertrag mit Nutzung des Netzes. So etwas “muss man haben”, alleine zum telefonieren, worauf kein Mensch verzichten möchte (üblicherweise). Durch Abo- und Subscriptionsverträge wird das erleichtert, außerdem kann man so jede 2 Jahre ein neues Produkte erhalten. Dagegen treibt die Käufer der Watch die Angst der Schildkröte: Was, wenn es in 2 Jahren wieder eine neue Watch gibt? Schließlich sieht jeder die Uhr, bin ich dann nicht mehr hip? Muss ich alle 2 Jahre dann eine neue Uhr kaufen? Das ufert doch aus, dem verwehre ich mich lieber und sage, ich lehne die Technologie ab….

Apple versucht die Uhr billiger zu machen, was sicher hilft. Aber man muss sich trotzdem vor Augen halten, was dass alles hier bedeutet: Apple hat so eine fundamentale Sache mit dem iPhone geschaffen, dass daraus zu Recht das wertvollste Unternehmen der Welt geworden ist. Vorher war es lediglich ein Förderunternehmen für Erdöl (Exxon)! Was für ein Fortschritt, dass es nun ein Technologieunternehmen war statt einer Rohstoffausbeutungsmaschine. Welche Firma wird es also als nächstes? Unwahrscheinlich, dass es wieder ein Computerunternehmen wird und für Biotechnologie o.ä. scheint es noch zu früh zu sein.

Wenn Apple also wieder wachsen will, braucht es “computing differently”: Ganz neue Innovationen brauchen neue Technologien. Welche wären dass denn?!?
– Neue Benutzerroberlfächen (Sprache/Gehirn)
– neue Visualisierungen (Datenbrillen/Implantate/etc.)
– neue Sinneseindrücke (digitales Riechen und Schmecken?)
– neue Batterien (davon reden wir seit Jahrzehnten, nichts passiert)
– neue ….

Diese Technologien gibt es noch kaum und sind kaum anwendungsreif. Zu früh für einen Massenmarktproduzenten. Also kann Apple auch nicht wieder so mal eben „The Next Big Thing“ bringen. Was soll das sein? Ein Auto? Aber bitte: ein iAuto ist ein 140 jahre altes Produkt – das ist keine Innovation! Ein Elektroauto ist allenfalls eine Evolution, eine Weiterentwicklung, um die Umweltschäden von Autos zu reduzieren. Sie bringen dem Passagier eigentlich nichts – jedenfalls bislang eher Einschränkungen: das Auto ist teurer, es fährt nicht so weit, es ist eventuell früher teuer zu reparieren. Es sieht weder anders aus (immer noch das Kutschendesign bei Tesla), noch fühlt es sich anders an (etwas leiser, etwas mehr Beschleunigung, that’s it). Auch das mit dem autonomen Fahren ist keine Erfindung von Tesla, das kann bspw. Daimler anscheinend schon jetzt besser. Was also will man erreichen mit einem Elektroauto? Als Eigentümer einer solchen Firma wird mir bange, denn entweder verliere ich bei früher Investition in diese Technologie Geld und sobald es Standard wird für alle werde ich weitere Kosten und Komplexität managen müssen. Das führt kaum dazu, dass der Impuls ein Auto zu kaufen sich ändern wird. Oder doch? Ich bezweifle es, bei Autos geht es um Mobilität, Komfort, Sicherheit, Fahrfreude, Transportlast, usw. – der Rest sind emotionale Faktoren, die die Kaufentscheidung beeinflussen aber nicht sagen, ob ich wirklich ein Auto brauche oder nicht.

Genauso wie das alte Gerücht um den iFernseher – das sind Produkte, die es doch schon gibt! Es gibt da nichts zu innovieren! Und es sind alles Themen die keine radikalen Innovationen zulassen (siehe Aktienkurse von Autobauern oder Elektroherstellern). Auch Tesla innoviert nicht viel – sie haben „nur den Antrieb“ verändert – das ist aber zu wenig, solange keiner die Infrastruktur drum herum begreift. Ein Autoherstellern, der bspw. Energieproduzenten einlädt, sich an der Finanzierung des Pkws zu beteiligen, der stellt eine andere klasse dar. Aber Energieversorger sind noch schlimmer als die Plattenindustrie, mit der es Steve Jobs zu tun hatte – denn die Energiepolitik bestimmt die Energie, das ist letztlich kein echter, freier Markt, in dem man innovieren kann.

Was braucht also ein Innovator neben einem freien Markt? Vor allem das Verständnis dafür, dass er alleine nichts, aber auch gar nichts besonderes zu Stande bringt. Was Jobs begriffen hat, war, dass er dafür ein Team braucht. Und dieses Team wurde Apple genannt, mehr nicht. Apple hat mit Jobs bspw. die Plattenindustrie, Softwareexperten, Hardwarespezialisten, Telefonfirmen, Designer, etc. zu einem Team zusammengebracht. Er war ein “Zusammenbringer”. Er war kein Genie, der sich das selber ausgedacht hat – aber er hatte die Größe zu sehen, dass sowas denkbar ist, wenn man kooperativ daran arbeitet. Er hatte diese Vision, die er nicht alleine hatte, aber er hat es geschafft die Möglichkeiten zu sehen und zum Leben zu bringen. Sowas wiederholt man nicht so einfach, wenn der Kern der Firma „Thinking Computing different“ nicht von anderen weitergelebt wird. Tut Cook dass denn auch mit seinem Team? Es ist schwierig, aber auch nicht undenkbar…. nur scheinbar gibt niemand jemand das Vertrauen – außer Steve Jobs. Aber ist Apple auch tot, weil Steve Jobs gegangen ist? Ist mit Steve Jobs die Seele von Apple gegangen, weil niemand wahrhaben will, dass nur Körper sterben, aber Seelen und Ideen so lange leben, solange Menschen leben?

Ganz rudimentär: Apples Genius war Steve Jobs. Apple kann auch einen neuen Genius bekommen. Aber mit oder ohne – ein iPhone ist ein derartiger Meilenstein, der wiederholt sich einerseits nicht so schnell und andererseits braucht es ganz, ganz viele Menschen, um das zu erreichen. Steve Jobs war nur einer davon, wenn auch ein wichtiger Kulminationsfaktor um für uns alle zu erkennen, worum es geht. Es geht um den Grund, warum wir etwas tun und Menschen zusammen zu bringen, damit es passieren kann. Weil es passieren muss. Und wer dass nur aus finanzieller Sicht sieht: natürlich ist deswegen ist die Aktie vorerst keine Wachstumsstory mehr – aber immer noch eine ziemlich gute Firma. Das reicht der gierigen Börse aber nicht, die will nicht nur eine gute Firma, sondern Zukunft.

Die viel interessantere Frage ist doch eigentlich: Wer wäre Steve Jobs gewesen, wenn es nicht Apple gegeben hätte?

Wer wäre Steve Jobs ohne das Team?!?

Macintosh-Team

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