Selbstgespräch – Johannes Gross in memoriam


Joachim Fest beschwerte sich in seinem letzten Zeit-Interview darüber, daß Johannes Gross fast vergessen sei. Das wäre wirklich sehr schade, eine Anekdote von Fest reicht aus, dies zu begründen: Auf die Aussage, daß Gross das Leben zu geniessen verstehe, sagt Fest: “Einmal reichte er eine Spesenquittung über eine teure Flasche Jahrgangs-Champagner bei seinem Arbeitgeber Gruner+Jahr ein und gab als Anlass der Bewirtung an: »Selbstgespräch«. Gross ist in meinen Augen der geistreichste, witzigste deutsche Aphoristiker nach Lichtenberg und Schopenhauer. Er hat Sätze formuliert wie: »Ich kenne unzählige Menschen, die nach dem ewigen Leben dursten, aber mit einem verregneten Sonntagnachmittag nichts anzufangen wissen.« Das ist hohe Literatur! Oder »Wer schläft, sündigt nicht! Man kann es sich aber auch umgekehrt sagen: Wer nicht sündigt, schläft.«” Gross starb 1999. Zitat Faulkner: “Wer keine üblen Gewohnheiten hat, hat wahrscheinlich auch keine Persönlichkeit.” Die hatte er sicherlich.

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