Homer

Homer – der größte Dichter aller Zeiten. Nicht gerade sein Epigone, Homer Simpson, findet sich hier als Namenspate. Und doch war Homer, der Dichter der Illias und der Odyssee lange vergessen. Erst die Flucht der griechischen Gelehrten aus dem 1453 von den Osmanen erstürmten Konstantinopel brachte die Kenntnis griechischer Quellen und damit auch Homers in den Westen zurück und beeinflusste stark die Renaissance. Ausgehend von den Homerübersetzungen von Johann Heinrich Voß spielte in Deutschland Homer für den „Volks“- und „Natur“-Begriff der deutschen literarischen Klassik und Romantik die größte Rolle, weil man in Ilias und Odyssee einen Beweis dafür sah, dass das Volk eine eigene authentische Stimme habe, dass aus ihm die Natur selber spreche. In diesen Zusammenhang gehörte auch das Aufwerfen der „Homerischen Frage“, denn entschied man sich gegen die Autorschaft Homers, so waren die Epen anonym entstanden, wie etwa das Nibelungenlied, und somit wurde dann „das Volk“ als Autor reklamierbar. Dagegen wandte sich bereits Friedrich Schiller: Und die Sonne Homers, siehe, sie lächelt auch uns. („Elegie“)

Dieser an Homer entzündeten Griechenliebe (Johann Wolfgang Goethe: „[…] das Land der Griechen mit der Seele suchend“, in: „Iphigenie auf Tauris“) in der antifürstlichen und antiklerikalen Intelligenz seit dem Hainbund ist es zu danken, dass durch Wilhelm von Humboldt die griechische Sprache (neben dem Lateinischen) ein Kernstoff der Bildung des Humanistischen Gymnasiums wurde. Ein auch die Autopsie Trojas im Jahr 1819 mitverarbeitendes Epos über Homer legte 1858 Leopold Schefer in Hexametern vor, „Homers Apotheose“.

Homerische Stoffe und Themen sind somit sowohl in der klassischen antiken als auch in der europäischen Literatur und den Bildenden Künsten allgegenwärtig. In der gehobenen Umgangssprache finden sich heute noch viele Redewendungen aus seinem Werk und „geflügelte Worte“ (auch dieser Begriff stammt von ihm). Zeitgenössische Bearbeitungen schufen unter anderem Wolfgang Hildesheimer („Das Opfer Helena“) oder Botho Strauß („Ithaka“).

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