Opium fürs Volk

Kaffee ist kein Muntermacher mehr. Das wäre zu simpel, längst ist Kaffee der Treibstoff für gehetzte Wissenarbeiter, Espressionisten und “Latte-to-go-Luder”. Der Becher “to go” mit dem Plastikdeckel drauf, im Stechschritt verzehrt – plötzlich entstehen neue Assoziationen und Gefühle: Termindruck! Meetings! Sex in the City! Businesslife in New York! Das ist moderner Kaffeegenuss mit seiner gängigsten Variation Latte Machiatto – dem Brühkaffee der “Digital Bohème”. Bestelllt als Tall Soy Frappucino Toffee Cream Hazelnut ohne Crushed Eis to-go wird das Cafeleben erst spannend und kompliziert. Nur Recht, daß “Der Feinschmecker” in seiner Dezember Sonderbeilage mit Irrtümern über den Kaffeegenuss aufräumt:
1.) Kaffee entzieht dem Körper Flüssigkeit – Humbug, denn Kaffee erhöht lediglich den Harndrang, er ändert nicht die Flüssigkeitsbilanz des Körpers. 2.) Kaffee sollte im Kühlschrank gelagert werden – Stimmt ebenfalls nicht, hauptsache trocken und vor allem luftdicht sollte er lagern, geschützt vor Feuchtigkeit und Gerüchen. Manche Öle lösen sich sonst im Espresso nicht, wenn das Pulver zu kalt Dampf ausgesetzt wird 3.) Mit H-Milch gelingt Cappucino Schaum optimal – auch falsch, mit Frischmilch geht es am besten und es schmeckt besser. Denn entscheidend ist der Proteingehalt für die Festigkeit des Schaums. 4.) Espresso enthält mehr Koffein als Filterkaffee – auch nicht den Fakten gerecht – Esspreso hat nur 30-50% des Koffeingehaltes einer Tasse Filterkaffee. Und last but not least 5.) Je mehr Druck die Maschine hat, desto besser der Espresso – mehr als 10 bar ist des Guten zuviel, denn das Brühwasser fließt zu schnell durch das Mehl. Weitere Antworten in der Beilage.
Aber bei allen Bedenken zur Wirkung von Kaffee – ist er den lebensmittelphysiologisch zu empfehlen? Unbedingt, es ist trotz aller Bedenken eines der gesündesten Lebensmittel überhaupt. Das Alkaloid Koffein wirkt 20-30 Minuten nach dem Genuß anregend auf das Zentralnervensystem, abführend und harntreibend. Aber es gibt auch Bedenken: Kaffee reduziert die Kalziumzufuhr im Körper. Nicht zu empfehlen ist Kaffee deshalb für Schwangere junge Frauen und Senioren, die unter Kalziummangel leiden. Kommt es zu Vitamin D Stoffwechselstörungen und fehlt Kalzium, kann nicht nur Osteoporose entstehen. Kalziummangel erzeugt Hypokaliämie, die sich durch Übererregbarkeit von Nerven und Muskeln (auch Krämpfe) bemerkbar macht. Über lange Zeit ohne Therapie führt dies zu trockener Haut, brüchigen Nägeln und Nagelmissbildungern. Wer also im Stress zusätzlich viel Kaffe trinkt, der wird das gefühlte Stresserlebnis womöglich nur noch steigern – am Ende eines 10h Tages wird man zum Zombie – müder Blick, der Kopf voller Gedanken, Entspannung stellt sich nicht ein. Leider ist es hierzulande immer noch nicht Sitte, die Mineralien gleich wieder zu ersetzen – mit dem in anderen Ländern üblichen (kalziumreichen) Mineralwasser zum Cafe presto. Oder mit Frischmilch – wie im Latte Machiatto.

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