Kreationisten und Spaghettimonster

(SZ) Sich gegen die Evolutionstheorie zu stellen, das ist nicht nur in den Staaten seit längerem Mode. Eine neue Religion gründen dagegen, das ist noch modischer. Erst recht, wenn man statt “Intelligent Design” der Kreationisten mit einer Theorie aufwarten kann, daß Jesus der Sohn unwiderlegbarer Spaghettimonster ist.

In den USA verkündeten im letzten Präsidentschaftswahlkampf gleich drei republikanische Bewerber, sie bezweifelten die Evolution. 68 Prozent ihrer Anhänger bezeichnen sich als Kreationisten, unter Demokraten und unabhängigen Wählern liegt der Wert immerhin bei 40 Prozent. Für diese Klientel eröffnete der fundamental-christliche Verein “Answers in Genesis” (AiG) im April 2007 in Kentucky das weltweit erste Kreationismus-Museum, das er sich 27 Millionen Dollar kosten ließ. Die Geschichte der Menschheit wird dort so dargestellt: Das Leben begann im Garten Eden, Gott erschuf Eva aus einer Rippe Adams und vor dem Sündenfall lebten die Menschen in Eintracht mit den Dinosauriern.

In Deutschland ist solch ein Museum bislang undenkbar. Doch kreationistische Ideen finden auch hier immer mehr Anhänger. Glaubt man Ulrich Kutschera, Professor für Evolutionsbiologie an den Universitäten Kassel und Stanford, bekennen sich in Deutschland 1,3 Millionen Menschen dazu.Sie haben ein Problem mit der Erkenntnis, dass der Mensch, die Krone der Schöpfung, vom Affen abstammt. Das kann doch nicht sein, da müsse es doch irgendwo einen Schöpfer geben, aus dessen Feder der Plan des menschlichen Lebens stammt, der uns begleitet und beseelt. Da Religion hierzulande weitgehend als Privatsache gilt und die Menschen frei sind, sogar an ein fliegendes Spaghettimonster zu glauben, können Kreationisten ungestört an Darwin zweifeln.
Die Offenbarung des Henderson – gezeichnet um 4 Uhr früh

Das fliegende Spaghettimonster ist eine sehr ernste Sache. Es ist eine Religion, die sich ebenso gut wie die Lehre des “Intelligent Design” neben anderen Religionen behaupten kann. So offeriert diese Glaubensrichtung eine Kette schlüssiger Beweise, die sich kaum wiederlegen lassen. Man ist dem ganzen sehr sicher, denn sonst würde man wohl kaum folgendes als Glaubenssatz postulieren:

„We are willing to pay any individual *$250,000 if they can produce empirical evidence which proves that Jesus is not the son of the Flying Spaghetti Monster.“

Weitere Glaubenssätze lauten:

  • Die Welt wurde vom nicht nachweisbaren Fliegenden Spaghettimonster erschaffen. Alle Hinweise auf eine Evolution wurden von eben diesem bewusst gestreut, um die Menschen zu verwirren.
  • Bobby Henderson ist der Prophet dieser Religion.
  • Das Fliegende Spaghettimonster verlangt das Tragen von Pirateninsignien (full pirate regalia). Einzige Ursache für die globale Erwärmung, Orkane und alle anderen Naturkatastrophen ist die sinkende Zahl von Piraten seit Beginn des 19. Jahrhunderts. Dies gilt unter Pastafaris als empirisch bewiesen[3] (siehe auch cum hoc ergo propter hoc). In diesem Zusammenhang wurde auch der mehrdeutige, englische Ausdruck „Pirates are cool!“ bekannt, cool kann in diesem Falle sowohl als abgefahren als auch als kühl verstanden werden. 2008 interpretierte Henderson die wachsende Piraten-Aktivität am Golf von Aden als einen weiteren empirischen Beweis für die Richtigkeit des Erderwärmungs-Dogmas, denn es sei festzustellen, dass Somalia weltweit die höchste Piraten-Dichte und gleichzeitig die niedrigste CO2-Emission aufweise.
  • Gebete beenden die Anhänger mit dem Wort Ramen, der Bezeichnung für eine japanische Nudelsuppe.
  • Im Buch Das Evangelium des Fliegenden Spaghettimonsters werden unter anderem analog zu den Zehn Geboten des Christentums die acht „Am liebsten wäre mir’s“ beschrieben, die vom Spaghettimonster gepredigt werden. Die darin erklärten Grundsätze sprechen sich u. A. gegen Diskriminierung, Vorurteile, religiöse Dogmen, Nötigung, Frauenfeindlichkeit aus. Das achte „Am liebsten wäre mir“ beschreibt eine abgewandelte Form des Kategorischen Imperativs, fordert auf zur Freien Liebe und dem Gebrauch von Kondomen.

Der Anlass für die Gründung dieser “Religion” war die öffentliche Diskussion um die Unterrichtung von Intelligent Design an US-amerikanischen Schulen. Mit dem Argument der Gleichberechtigung forderte der Religionsstifter, ein Physiker namens Henderson, in einem offenen Brief an die Schulbehörde von Kansas, auch seine Glaubenslehre müsse wie die kreationistische im Unterricht vermittelt werden dürfen. Diese Forderung ist als Parodie zu verstehen und soll aufzeigen, dass religiöse Inhalte im Wissenschaftsunterricht nichts zu suchen haben, völlig ungeachtet des persönlichen Glaubens.

Nach Angaben der Ersten Vereinigten Kirche des fliegenden Spaghettimonsters in Deutschland gibt es weltweit „inzwischen […] mehr als 10 Millionen Gläubige bei steigender Tendenz“. Die „Mitglieder“ bezeichnen sich selbst als Pastafari. Nach dem Tod erwartet die Gläubigen im „Himmel“ unter anderem ein Biervulkan und eine Stripper-Fabrik. Lebensmaxime dieser Weltanschauung ist „WWAPD?“ („What Would A Pirate Do?“, englisch für „Was würde ein Pirat tun?“) in Anspielung auf den christlichen Slogan W.W.J.D. („What would Jesus do?“, englisch für „Was würde Jesus tun?“). Mehr dazu hier.

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