Gordon Gecko war ein Krimineller

Ökonom James Galbraith, Universität Austin, Texas: Es herrschte meist ein stilles Einverständnis zwischen Banken und Ratingagenturen. Wenn man sich die Sprache in der Branche genau ansieht, eröffnen sich ganz andere Erklärungen als jene, die uns Bankmanager in diesen Tagen weismachen wollen. “Lügenkredite”, “Giftmüll” oder – mein Lieblingsausdruck – “neutron loans”, also Neutronenkredite, die wie eine Neutronenbombe Menschen töten, aber Gebäude intakt lassen. Das waren die Begriffe, mit denen in der Finanzindustrie diese Praktiken beschrieben wurden. Darin spiegelt sich eine Betrugskultur von unglaublichen Ausmaßen wider. Regierungen müssen nun erkennen, dass dies die Dinge sind, die ihre Aufmerksamkeit erfordern.

SPIEGEL ONLINE: Dann sprechen Sie wahrscheinlich auch nicht von “Systemversagen”, weil so die Finanzverbrechen aus dem Blick geraten?

Galbraith: Die Systemfehler sind ganz offensichtlich! Das bedeutet aber nicht, dass es keine kriminellen Energien gab. Es ist wichtig, auf die Sprache zu achten, mit der wir diese Phänomene beschreiben. Ich tue mich schwer mit neutralen Begriffen wie “Systemversagen” oder “Blase”. Denn man könnte daraus den Schluss ableiten, die Beteiligten wären unschuldig. Das sehe ich aber ganz anders.

SPIEGEL ONLINE: Was war es dann?

Galbraith: Die Finanzkrise entwickelte sich in einer Kultur der Komplizenschaft. Das macht es heute so schwer, damit umzugehen, besonders für all jene, die selbst darin verwickelt waren, die sich selbst verleugnet haben, die auch schon das Ausmaß der Schäden erahnten. Wahrscheinlich dachten viele, sie würden schon irgendwie davonkommen. Nun müssen sie erkennen, dass sie uns in einen enormen Abschwung geführt haben.

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