buzZas Kochstudio No. 65 – Kalbshaxe a la “Anonyme Köche”

“Immature artists imitate. Mature artists steal.” — Lionel Trilling

Eines vorweg: Das Rezept ist schlicht kopiert aus dem ultimativ empfehlenswerten Foodblog “Anonyme Köche”. Ich verweise mit Genuß auf sein Rezept und seine Fotos. An Claudio del Principes Anrichtungsvermögen lange ich bei meinem ersten Versuch natürlich nicht ran! Sein Blog hat mich inspiriert und ich koche das Gericht ziemlich genau nach. Claudio hat das Gericht optimiert und seine tollen Bilder, die er mit Spiegelreflex und oft wohl auch unter Tageslicht schießt, sehen brutal lecker aus. Meine etwas plumpen iPhone Bilder, die ich dann mit der App “Snapseed” auch noch effekthascherisch verunstalte, machen nicht ganz soviel her. Ungeduldig wie ich bin, will ich eben sofort nach dem Kochen publizieren.

Genug gesabbelt, fangen wir an! Pariermesser raus und ran an den Knochen!

1.) Schmorgerichte gewinnen durch Zeit. Wenn sie einen Tag vorher zubereitet werden, optimiert sich Struktur und Komplexität der Sosse wie ein Rotwein, der im Holzfass ausgebaut wird. Fangt also einen Tag vorher an.

Als Zutaten für 4 Personen braucht ihr:

Kalbshaxe (ca. 1,4-1,8 kg mit Knochen), einen ordentlichen Bräter und einen weiteren Topf, etwas Mehl, Butter, Knochblauch, Mirepoix (Ingwer, Karotten, Sellerie, Zwiebel), etwas Tomatenmark, ein paar Esslöffel Puderzucker, 1 Flasche günstigen Rotweins zum Kochen (z.B. kräftiger Côtes des Rhône), 5 dl Kalbsfond, 2 dl Portwein, Thymian, Pfeffer, Salz sowie einen edlen, kräftigen Rotwein (Barolo, Bordeaux,Nobile de Montepulciano, etc). Als Begleitung habe ich auch Kartoffelpüree gewählt, passt einfach super zur dunklen Kalbssosse.

Wie Ihr beim Einkauf feststellen werdet, ist Kalbshaxe ungemein günstig (in meinem Fall waren 1,8 kg lediglich 12 € teuer). Wie Lammschulter oder Ochsenbäckchen ist das Fleisch nicht so im Fokus des gemeinen Verbrauchers, den Gourmet freut’s! Das enthaltene Collagen macht das Fleisch so zart und lecker, das man jubeln möchte! Claudio behauptet zu recht, dass diese Fleischsorte viel interessantere Geschichten auf dem Teller fabriziert als das Filetsteak, was für viele der Gipfel von Fleischgenuss ist.

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2.) Parieren: Dieser Schritt hat eher ästhetische Notwendigkeit, für das geschmackliche Ergebnis ist er vollkommen unentscheidend. Man pariert, also schneidet den oberen Teil der Haxe weg und gibt diesen in den Bräter hinzu. Diesen Verschnitt verwendet man dann z.B. für ein leckeres Ragout oder man bedient sich so wie ich schon mal einen Abend vorher am köstlichen Kalb. Mir ist hier dummerweise ein Fehler unterlaufen: Beim abtrennen habe ich soviel von dem Tragegewebe weggeschnitten, dass die Loslösung vom Knochen nach einiger Schmorzeit vorprogrammiert war. Beim nächsten Mal achte ich besser drauf, dann kann ich es auch mit “Haxen hoch” anrichten wie im Blog “Anonyme Köche”.

3.) Nachdem Ihr die Haxe mit Salz und Pfeffer massiert habt, in Mehl wälzen und überschüssiges Mehl abklopfen. Danach brät die Haxe im Ganzen mit ordentlich Butter in einem Schmortopf von allen Seiten an. Hier kommt es auf die Maillard-Reaktion an, sprich es sollen viele Röstaromen entstehen. Dafür ja auch das Mehl. Die ultimativ braune Röstkruste ist der Beweis, es hat “maillardiert”. Dann die Haxe wieder aus dem Bräter entnehmen.

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4.) In einem weiteren Topf den Rotwein mit einer Zwiebel, Thymian und Lorbeerblatt aufkochen und auf die Hälfte reduzieren.

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5.) Jetzt gebt Mirepoix, also den Mix aus Sellerie, Karotte und Zwiebel in den Bräter. Knoblauch hinzugeben. Dann machen wir die weitere Basis für die Sosse. Schuhbeck nannte es in seinem Kochkurs “Deppertnsosse”, weil sie jeder Depp hinkriegt. Ich denke mal, es stimmt: Tomatenmark hinzugeben und mitrösten. Dann ordentlich mit Puderzucker bestäuben und karamellisieren lassen (gut rühren!). Dann mit dem Restwein oder mit 2 dl Portwein ablöschen und sirupartig einkochen.

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6.) Jetzt kommt der Topf mit der Weinreduktion hinzu. Haxe hineingeben und den Kalbsfond zugiessen. Deckel drauf, kurz auf Temperatur kochen und dann bei niedrigster Stufe 4-6 Stunden schmorren.

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Spätestens jetzt wimmelt es vor Besuchern in der Küche, denn das Aroma verbreitet sich in der Wohnung. Ein Lob auf Dunstabzugshauben, die nicht 100% funktionieren! Gäste würden sonst gar nicht begeistert sein von dem Duft, der sie empfängt! Also entweder müßt Ihr jetzt ans servieren gehen oder aber die Gäste anderweitig bis zum nächsten Tag vertrösten.

Aufpassen, dass der Bräter nicht zuviel Feuchtigkeit abgibt und der Deckel gut aufliegt. Leider hab ich es so gut mit meiner Haxe gemeint, dass sie schon bei leichter Berührung im Topf vom Knochen glitt. Schade, damit konnte ich die Haxe nicht ganz so toll anrichten, wie Claudio das gemacht hat.

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7.) Claudio lässt das Gericht dann abkühlen, also in meinem Falle lasse ich es stehen bis zum nächsten Tag. In unserem Bräter reift nun die Sosse und verteilt seine Aromen schön, bis die Sauce ausbalanciert ist.

Der Unterschied zu vielen Kochbücherezepten ist, dass Claudio die Weinreduktion getrennt gemacht hat vom Schmortopf. Auch den Mirepoix kocht er mit Portwein sirupartig ein. Was würde passieren, wenn wir alles gemeinsam in den Bräter tun und die Reduktion dort vornehmen? Nun, die Haxe wäre sicherlich vollkommen im Sud umschlossen, das wäre für die Haxe sicher gut. Aber dann muss die Sosse nachher viel mehr eingekocht werden, um eine ähnliche Dichte und Komplexität zu erreichen. Die Sosse wäre ohne die spätere Reduktion viel zu dünn und wässerig. Was also vorher nicht passiert ist, muss nachher langwierig nachgeholt werden.

8.) Entnehmt nun die Haxe und passiert die Sosse durch ein Sieb. Das Knochenmark nicht vergessen, schön den Knochen ausblasen! Jetzt stellt sich die richtige Struktur der Sosse her. Wir reduzieren diese noch und kochen sie etwas ein, bis die Konsistenz wieder sirupartig ist.

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9.) Die Haxe kommt nun in den Ofen und wird bei 80 Grad schonend erwärmt. Ein guter Zeitpunkt, die Kartoffeln für den Püree aufzusetzen. Nehmt etwas Sosse und Honig und streicht diese Mischung immer wieder über die Haxe. Ich hab nebenbei gedämpfte Möhrchen noch hinzugelegt – irgendwie ist das seit Kindertagen bei mir verankert: Zu Schmorrgerichten gibt’s Möhrchen!

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10.) Anrichten und fertig!

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Ergebnis war ein Schmackofatz, wie es nicht schöner sein könnte. Einfach ein außergewöhnlich zartes Fleisch, eine intensiv-würzige Sosse; kurzum: ein Gericht, das glücklich machen kann!

Was die Anrichtung anbelangt, muss ich selbstkritisch sein: Statt hochstehendem Knochen wie bei Claudio sah meine Haxe eher nach einem amputierten Beinstumpf aus. Daran üben wir noch. Am Geschmack gibt es dank dem super Rezept nichts zu verbessern – Guten Appetit!

4 Comments

  1. Claudio says:

    Klasse, Markus! Was zählt, ist der Geschmack. Bei mir sah es anfangs auch nicht immer so piekfein aus ;)

  2. BuZzman! says:

    Mille Grazie, Claudio!

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