Wiedeking und die Krieger von VW

Die Finanzkrise bringt die Automobilindustrie in Schwierigkeiten. Prompt erhöht sich der Kostendruck auf die Lieferanten, die nun wieder die übliche Erpressungsmethoden über sich ergehen lassen müssen: Preisreduzierungen (“man nennt dies Produktivitätsgewinne”) vs. Neugeschäft. Und die Karten sind bereits gemischt, Unternehmen mit schwacher Wettbewerbsposition werden verlieren, die starken gewinnen. Wie man sich in solchen Zeiten nicht verhalten sollte, ruft einem ein vor geraumer Zeit erschienes Interview mit José Ignacio Lopez schmerzlich vor Augen. Seine Management Strategie ist geprägt von einem vollkommenen Mangel an systemischen und vernetzten Denken, Paranoia, Angst vor Fremden, Isolation und vollkommenen Mangeln an Vertrauensfähigkeit und somit auch Partnerschaftlichkeit (Persönlichkeitsstörung? Entwicklungspsychologen mögen es erklären…). Nicht selten hat man das Gefühl, es mit einem völlig Wahnsinnigen zu tun zu haben. Seine eigentliche Machtpolitik kleidet er in Formeln von Krieg, Soldaten, Pferden (so bezeichnet er in seinem Vergleich seine treuen “Arbeiter”) und “Killen”. Lopez, später wegen Industriespionage und krimineller Methoden verurteilt, änderte mit seiner von Piech und Jack Jones unterstützten Politik die Machtverhältnisse, die man im Nachklang als Treppenwitz verstehen kann. War das ursprüngliche Ziel, Produktivitätszuwächse nicht durch eigene Investitionen zu stützen, sondern deren Risiko auf die Zulieferer zu übertragen, so sind es heute die starken Zulieferer, die dadurch an Macht über Technologien und Kapazitäten gewonnen haben. Merke: wer seine Partner zu Gegnern erklärt und sie schlägt, der muß damit rechnen, daß diese sich selber stärken und unabhängiger werden wollen. Das vergrößert die Einsamkeit und macht die für technologische Innovationen und Produktivitätsgewinne nötige Partnerschaft mit Schlüssellieferanten nur schwieriger. Sein Soldat Sanz ist übrigens nach wie vor in Amt und Würden und wenn man der Branche glauben darf, ist der Umgang von VW mit seinen Lieferanten nicht besser geworden.Die Folgen werden die Konsumenten merken: in den Produkten. Ob der Einstieg von Porsche diese Politik ändern wird, ist nicht bekannt. Wiedeking wird seine Managementphilosophien sicher auch bald bei Porsche entfalten, nur hat er dafür nicht das hochqualifizierte Personal, auf daß er in Zuffenhausen zurückgreifen konnte. Erleben die Lopez-Methoden also wieder auftrieb? Für Berater hat Wiedeking ja jetzt Geld wie Heu, die könnten ebenso in dieser Krise zu den größten Profiteuren werden – warum eigentlich nicht die Managementschulen? Liefern diese die falschen Manager, ohne gesellschaftliche Verantwortung? Die sich in 16 Zylinder Autos verlieben und es vergessen haben die Autos zu bauen, die sich eine Mehrzahl der Konsumenten leisten können und die Umwelt nicht so stark beschädigen? Die am Ende jammern, die Marktforschung hätte versagt, weil die Ihren “Weiter-so!” Kurs gestützt hätten? Nicht ganz, wir haben die mächtigsten Akteure in dieser Systemkrise vergessen: die Vorstände und Ihre Aufseher. In einer wahnwitzigen Kursrallye kauft sich Porsche bei VW mit gesicherten Optionen ein und am Ende scheint der Plan zu stehen, den Einfluss der Börse zu reduzieren und de facto ein inhabergeführtes Unternehmen VW zu sehen. Ob das gut gehen kann, kann nur spekuliert werden, auch private Unternehmen haben Nachteile für die Gesellschaft und Wiedekings Jugendtraum (“Ich werd mal Millionär”) ist vielleicht keines, von dem die Gesamtgesellschaft zwangsläufig profitieren muß. Ziel muß es sein, ein wettbewerbsfähiges Unternehmen zu haben, daß Arbeitsplätze schafft und nicht den Planeten zugrunde richtet durch unverantwortliche Produkte. Die Frage der Arbeitsplätze muß durch die Unternehmen gelöst werden, wenn es aber um die Produkte geht, so scheint der Gesetzgeber Druck machen zu müssen und vor allem klare Regeln zu schaffen. Dies hat die EU bislang versäumt, da es unklare Regeln zum Co2 Ausstoß sowie zu Alterantivantrieben gibt. Zu lange war die Autoindustrie in Deutschland erfolgsverwöhnt, das befördert die Kontinuität gewachsener Überzeugungen, so daß der Wake up – Call von den veranwortlich Denkenden außerhalb der Industrie kommen muß.

Und übrigens: Es war Ferdinand Porsche, der den Käfer baute. Sein Andenken als radikaler Innovator sollte sich VW bewahren und auf zeitgemäße Probleme übertragen. Gleichzeitig darf die Allgemeinheit nicht vergessen, daß die Wurzeln des Unternehmens nicht aus privater, sondern staatlicher Hand kamen. Ein Innovator wie Porsche hätte dieses Projekt ohne politische Unterstützung nicht vollbracht. Ein bedenkenswerter Punkt, wenn man heute die Förderung innovativer Technologien (bspw. Solarbranche) diskutiert. Es ist möglich, daß sowohl private als auch öffentliche Hand, sprich das Gemeinwohl, von Partnerschaften (public-private Partnerships) profitieren. Dies waren auch die Anfänge des Kapitalismus, der anfangs noch eingebettet war in staatliche, bzw. königliche Räson und somit “domestiziert” war. Krieger sollte es nur als Schutz öffentlicher Ordnung geben, als Teil des Leviathans. Das auch dieser gefährlich werden kann, ist aktuell nicht zu befürchten, denn er hat sich selbst gegenüber seiner Wirtschaftsordnung mehr und mehr entmachten lassen. Die Demokratie scheint nicht gefeit gegen die Versuchungen des Geldes, ausgerechnet in China, ein Staat, der Menschenrechte nicht achtet, herrscht eine gewisse Stabilität. Die Politik muß sich also vor Augen halten, daß sie mit Ihrer Wirtschaftspolitik am Ende auch die Menschenrechte und die Demokratie schützt.

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