End of Utopia: Erneuerbare Energien sind ein Paradoxon

In der Schule lernten wir: Deutschland hat sehr viel Industrie, aber es ist rohstoffarm. Deswegen ist es dauerhaft auf Energieimporte angewiesen. Das trifft in besonderer Weise auf Öl und Gas zu, die zwar im Boden vorhanden sind, aber in Deutschland kaum ausgebeutet werden. Eine Lösung hierfür sollten die erneuerbaren Energie sein, mit Windrädern und Solarmodulen energieautark werden, das ist das Ziel. Diese sollten insbesondere Kohle- und Atomenergie sehr schnell ersetzen. Doch der Plan ging nicht auf: Fukushima sorgte für einen beschleunigten Atomausstieg, dann kam die Energiekrise durch den Krieg in der Ukraine und jetzt ist auf einmal alles anders. Wie passt das energetische Puzzle zusammen, worauf können wir uns verlassen? Wie bekommen wir genug Energie und können wir diese dann auch bezahlen? Bilanz einer gescheiterten Energiepolitik, die ins Aberwitzige abdriftet.

Wer gut aufgepaßt hat im Erdkunde-Unterricht, der wußte auch, das Deutschland für seine Versorgungssicherheit mit einem Energiemix arbeitete, der seit der Ölkrise bekannt war. Da war die Kohle, da war Öl & Gas und da war die nukleare Energie. Deutschland setzte nicht alles auf eine Karte; das hat spätestens die Ölkrise in den 70er Jahren den Entscheidern aufgegeben. Auch in anderen Energieträgern kam es zu Unsicherheiten. Die Proteste der Kumpel unter Tage und hohe Kosten machten Kohle untragbar. Heute käme das Argument der Emissionen hinzu, um den Klimawandel zu bewältigen. Versorgungsunsicherheiten aus dem Osten beim Gas zeigten auf, wie gefährlich einseitige Abhängigkeit ist.

Moment mal, und wie konnten wir uns beim Gas so abhängig machen? Wieso kommen nahezu 40% der Primärenergie in unserem Land aus Russland? Aus den Fehlern der Vergangenheit wollen wir doch gelernt haben und setzen mit voller Kraft auf die Energiewende. Was Atom, Gas und Kohle nicht schaffen, nämlich die CO2 neutrale Energieerzeugung für ein Industrieland, sollen jetzt Windräder und PV-Anlagen realisieren. Und obwohl diese stark schwanken in der Erzeugungsleistung, obwohl auch sie Schadstoffe enthalten (Schwermetalle in Solarpanels, hoher Kupferbedarf in Windrädern, etc.), obwohl für dezentrale Energieerzeugung und die ganzen Netzen umgebaut werden müssen – es muss einfach passieren. Denn die alternative Kohle ist dreckig und die Atomkraft gilt als zu gefährlich (selbst wenn die Fakten im IPCC Report etwas anderes sagen). Doch zurück zu einseitigen Abhängigkeit: Mit der Beschleunigung des Atomausstiegs in 2011 und dem gleichzeitigen Aufkommen des aktiven Klimaschutzes war auch Kohle zum schnell Ausstieg verdammt. Da Solarstrom und Wind eine Regelenergie für die Netze benötigen, wurde weder mit Kohle noch Atom geplant, sondern viel stärker auf Gas. Diese Quellen hätte man auch in den Nachbarländern nach und nach erschließen können, man hätte auch in Deutschland nach Gas (Fracking in Niedersachsen) suchen können, aber legte sich einseitig auf Russland fest. Warum die Verantwortlichen in den Ministerien nicht vor zuviel Abhängigkeit warnten, warum gewählte Vertreter bis hin zur Bundeskanzlerin die Gefahren ignorierten, dass müssen noch Untersuchungsausschüsse klären (wir hoffen, dass es sie geben wird). Die Nachbarländer, soviel ist sicher, haben gewarnt und zwar lautstark.

Es geht bei Energie ja nicht nur um das Thema CO2, wie gerne vergessen wird. Die Welt macht sich zwar für das Klima auf den Weg, um weniger CO2 zu emittieren. Es geht aber auch zwingend darum, dass die Nachfrage der Industrie und der Verbraucher in diesem Lande auf wettbewerbsfähige Angebotspreise trifft. Stark schwankende Energiepreise bringen ein Industrieland damals wie heute in große ökonomische Probleme – eine Versorgungskrise mit steigenden Energiepreisen ist geradezu ein Garant für hohe Inflation und folgende Arbeitslosigkeit. Die Angebotsseite ist aber wegen der hohen Regulierung hinzu Erneuerbaren oder schnellerem Ausstieg schon seit Jahren aus den Fugen. Doppelt soviel wie die Franzosen zahlen die Deutschen für Ihre Energie. Tagesweise zahlt die Industrie die höchsten Preise – weltweit neben Dänemark. Dabei ist deutscher Strom nicht grüner. Im Gegenteil. Zählt man die AKWs hinzu, sind die Franzosen jetzt schon bei über 90 Prozent grüner Energie nach EU Label. Die Deutschen dagegen schalten die Akws ab und brauchen noch mehr fossilen Strom, aktuell mehr als 46 Prozent der gesamten Stromlast. Das ist Kohle, das sind teure Gaskraftwerke. Das ist schlecht fürs Klima und das ist schlecht fürs Portemonnaie. Ökonomisch ist das auch leicht erklärbar: Wenn Großkraftwerke schnell vom Netz gehen als geplant, dann entstehen Kosten, die abgefedert werden müssen (teils durch Abschreibungen oder eben höhere Energiepreise). Wenn Erneuerbare mit Subventionen bevorzugt immer ins Netz einspeisen, dann ist auch der Preis erhöht. Beides erhöht die Kosten für den Verbraucher.

Auch ohne EEG-Zulage zahlen deutsche Verbraucher und die Industrie Milliarden für die Energiewende und bekommen da zwar bei etwa 44% CO2 neutralen Strom, aber leider keine funktionierende Grundversorgung, die sogenannte Grundlast und Regelenergie für den Fall, wenn der Wind nicht weht oder die Sonne nicht scheint. Blicken wir hierzu nur in die jüngste Vergangenheit. Selbst in Jahren wie 2016, wo der Windenergieanteil um über 10% ausgebaut wurde (nie wieder gelang dies bislang), wurde damit weniger Strom erzeugt als im Vorjahr – es gab schlicht eine Windflaute. Denken wir an die heißen Sommer 2019 und 2020, in denen kaum Wind wehte – nur die Sonne brannte. Was erst wie ein Ausgleich klingt von Wind zu Sonne reicht in Summe doch nicht aus, um den Anteil erneuerbarer Energien zu vergrößern. 2021 regnete es dann so intensiv, dass die PV-Ausbeuten auch mager waren. Experten sagen, dass es gar nicht ausreicht, 100% erneuerbare Energien am Netz zu haben, sondern eher 140% zu der aktuellen Erzeugung. Das kostet natürlich enorm viel Geld und bedeutet, dass man im Vergleich zu anderen Energieformen zwangsläufig viel mehr bezahlt. Verrückt, wenn sich dass dann, so wie in Deutschland, aber nicht in weniger CO2 misst – seit Jahren steigen die CO2 Emissionen wieder gekoppelt an das Wirtschaftswachstum. Dabei gibt es genug Belege über Volkswirtschaften, wo das BIP steigen konnte ohne die CO2 Emission zu stärken – nein, sogar zu senken. Nur die verfehlte deutsche Energiepolitik schafft das nicht.

Dieses Angebot der erneuerbaren verlässlich mit Speichern auszupendeln wie Wasser oder Akkus, wie viele Fans der Erneuerbaren es wollen, davon ist Deutschland Jahrzehnte weit entfernt. Es gibt nur wenige Pumpspeicherkraftwerke in Deutschland, wo sollen wir Täler für mehr Speicherkraftwerke fluten? Kein Land der Erde hat auch nur für Minuten Verbrauch genug Strom gespeichert. Die nächste Illusion ist die des grünen Wasserstoffs. Die Illusion ist nicht, dass es nicht unmöglich ist – das wird sehr wahrscheinlich gelingen. Die Illusion ist, dass grüner Wasserstoff schnell und in großem Ausmaß zu akzeptablen Kosten eingesetzt werden kann. Noch ist Wasserstoff eher der Stoff zur Rettung einer Utopie. Er ist technologisch noch in einem experimentellen Stadium und erste Anwendungen und Infrastrukturen werden entwickeln. Bspw. gibt es auch aktuelle keinerlei Infrastruktur, die -296 Grad kalten Wasserstoff transportieren und speichern kann. Die Industrie spricht dann davon, aus dem Wasserstoff wieder Ammoniak zu machen (muss deutlich weniger kalt gespeichert werden), woraus man nachher mit Energie wieder Wasserstoff gewinnt. Unabhängig von technischen Problemen würde Wasserstoff genauso wie erneuerbare Energie noch über Jahre massiv subventioniert werden müssen, um wettbewerbsfähig zu sein. Von Wettbewerbsfähigkeit zu fossilen Energien keine Spur. Wie also soll der Weg in die grüne Zukunft ökonomisch erreichbar sein? Ja, es gibt gute Gründe für das Klima zu investieren – doch wir sprechen in diesem Falle von Summen, die das vorstellbare Mass oft überschreiten. Kraftwerke werden für 20-30 Jahre gebaut, ob jetzt ein Windenergierad mit Repowering oder ein Großkraftwerk (teils bis 60 Jahre). Es gibt somit natürliche Investitionszyklen, in denen neue Kraftwerke installiert werden können. Wenn man aber diese Zeit versucht zu beschleunigen, wird man mindestens doppelt soviel für Energie ausgeben müssen – ein unerhörter Kraftakt der im Wettbewerb nur dann gelingt, wenn alle Wettbewerber ähnliche Anstrengungen unternehmen.

Robert Habeck hat am 07.07.22 im Bundestag sein Ausbauziel 100% erneuerbare Energien bis 2035 genannt. So, als wenn das auch nur ansatzweise realistisch wäre, ist unklar, wie das erreicht werden soll (bei Rezession und Inflation). Schaut man sich die aktuellen Ausbauraten nur für Windenergie an, 2095 erschiene eher verlässlich. Die Deutschen sollten besser ehrlich mit sich sein: Ihr Wünsche nach mehr Natur und grünem Strom kosten sie viel Geld, eventuell mehr Geld, als sie dafür ausgeben können neben einem großen Sozialstaat. Kurzfristig ist das nicht verfügbar, sondern steigen Öl- und Gaspreise ins Unermessliche. Der politische Handlungsdruck schon zum Winter 22 hin wird so groß, dass es nicht um Windräder und andere Luftschlösser geht, die vielleicht in 10 Jahren reif sind, sondern unmittelbar im Präsenz. 200 Milliarden umfängt der Doppel-Wumms, die Entlastung die nur die Gasrechnungen für 2 Jahre deckeln soll. Man kriegt da eine Idee davon, wie teuer Energie ist, wenn man mehr als das Nötige versucht zu tun. Ja, natürlich sinken die Kosten für die Energieerzeugung bei Wind und PV, nicht zuletzt weil die Dinger aus China kommen. Doch es gibt Grenzen, sowohl an Dachflächen wie an Flächen für Windenergie. Auch die Kosten des Netzumbaus darf man nicht vergessen. Und wie schon gesagt, diese kleinen Kraftwerke laufen weder nachts noch bei Windstille – sondern eher zu 30-40% der Zeit. Um also 100% nur aus Wind- und Solar decken zu können, braucht man Überkapazität: 130% oder mehr. Und für die müßte man bezahlen, für Energie, die zu 70% der Staat keinen Beitrag liefert. Das kann im Vergleich zu einem Atomkraftwerk überhaupt nicht wettbewerbsfähig sein.

Habecks Beliebtheitsaktie lautet Kommunikation. Er erklärt alles gründlich und sei es noch so hasardeurhaft, was er tut. Es wirkt wohl überlegt und rational. Der Norddeutsche sollte uns nicht täuschen, auch er ist ein parteiischer Idealist und will den grünen Strom mit aller Kraft. So setzt er aktuell alles auf 2 Karten: Wind und Solar. Und so angenehm, wie er den Weg dorthin erklärt, fällt auch dem wohlmeinendsten Betrachter auf: Habeck ist unter Druck, uns Gas zu besorgen. Für die schnellere Implementierung von erneuerbaren Energien bleibt noch wenig Zeit. Stattdessen Dienstreisen zum nächsten Gasdespoten, immer noch angenehmer als seinen grünen Parteifreunden zu erklären, dass Fracking in Niedersachsen doch die sicherste Form der Energieversorgung wäre. Nun, das mag polemisch klingen, aber faktisch muss jeder festhalten: Wenn uns die Gasenergie für Strom und Heizung wegbricht, die 3 AKWs jetzt auch noch vom Netz gehen, dann wird es unheimlich eng. Der Ausbau der erneuerbaren Energien ist derartig langsam aktuell, auch weil Handwerker rar sind und Genehmigungen Jahre brauchen, dass auf diese Karte zu setzen alleine wie ein Vabanquespiel erscheint. Habeck sagt, er drückt aufs Tempo – aber kann das Land das überhaupt mitgehen? Sowohl finanziell wie personell? Ich glaube nein, an dieser Realität ist schon jeder Politiker gescheitert.

Unklar und ebenso wenig gut bgegründet erscheint die Fokussierung auf Sonne und Wind unter technologischem Gesichtspunkten. Vielleicht wurde nach der Debatte um Biogasanlagen schnell klar, dass diese eine Belastung fürs Trinkwasser darstellen. Gewichtiger für die Grünen aber wohl, dass sie mit industrieller Agrarerzeugung verbunden ist und Bauern lieber die CDU wählen. Vielleicht waren anderen Technologien (man erinnere das kühne Desertec) zu politisch unsicher, als dass man sie für realisierbar hielte. PV und Wind lassen sich auf eigenem Gebiet realisieren, sei es auch auch noch so sonnenarm oder eng bebaut. Und diese Themen sind zumindest thematisch absolut grün besetzt, hier machen einem andere Parteien wenig Wähler abspenstig. Technologieoffenheit und viele Ansätze zu fördern hat zudem den gigantischen Vorteil des Marktes: Es entsteht ein natürlich Wettbewerb. Habeck dagegen sorgt, wenn er einseitig auf Sonne, Wind und Wärmepumpe setzt dafür, dass der Markt aussetzt. Die Preise steigen ins Unermessliche und die Anbieter haben guten Grund, diese Situation auszubeuten.

Der Faktor Zeit ist beim Klimawandel das größte Thema. Das 1.5 Grad Ziel zügig zu erreichen ist jedoch mit den Braunkohleemissionen, die wir gerade produzieren, unrealistisch. Nicht nur dass, die Emissionen von Braunkohlekraftwerke kosten Millionen Menschen nachweislich das Leben, weil sie Atemwegserkrankungen entwickeln. Braunkohle ist wirklich eine dreckige Energieform, die man unbedingt reduzieren sollte. Und das wollten die Grünen ja auch, aber schon jetzt direkt nach der Abschaltung der AKWs nicht mehr möglich – der Russe hat schließlich das Gas abgedreht. Natürlich leisten PV und Wind da einen Beitrag, dieses Loch zu füllen, aber er ist auch in absehbarer Zeit nicht groß genug.

Dieses Faktum zu würdigen ist wichtig, denn es beeinflusst auch die nächste große Wende im deutschen Alltag, die Mobilitätswende: Der Umstieg auf E-Autos ist immer nur dann sinnvoll, wenn Ihr Strom auch nachhaltig produziert ist. E-Autos mit Braunkohle werden die deutsche Bilanz nur verschlechtern gegenüber der Situation heute. Ansonsten sorgt eine starke Zunahme der E-Flotte dafür, dass wir für Produktion der Fahrzeuge und Ihren Betrieb nochmehr CO2 emittieren als wenn wir weiter Verbrenner fahren. Wenn also E-Autos subventioniert in den Markt gelangen, dann sollte dies in gewisser Synchronität mit der CO2 armen Energieerzeugung passieren. Wind und Solar sind weiterhin teuer, weil sie nicht grundlastfähig sind. Welchen Sinn macht also jetzt der forcierte Umstieg auf E-Mobilität, wenn wir die falschen Kraftwerke haben?!? Hier ist der gesunde Menschenverstand verloren.

Welche Wahl hat Deutschland dann überhaupt noch, seine Klimaziele aktuell zu erreichen? Ich sehe eigentlich hier gar keine Wahl, als das größte notwendige Übel zu akzeptieren: Die Atomkraft auszuschalten ist keine Lösung, wir müssen darüber reden, welchen Anteil die Atomkraft weiterhin an der Energieerzeugung hat. Und wir müssen nicht psychotisch und voller Angst über Atomkraft reden, sondern wir sollten einfach nüchtern über sie reden. Niemand kann das besser als Michael Shellenberger, dessen Vortrag zu Atomkraft mir hier die Augen geöffnet hat:

Wir sollten etwas kritischer sein, warum in Frankreich oder England die Atomenergie sogar ausgebaut wird, trotz aller Nachteile und gewichtigen Problemen, aber wir uns nicht einmal auf 3 AKWs in einem Industrieland von 80m Menschen einigen können? Diese Debatte sollte jetzt, denn wir haben keine Wahl, geführt werden.
Das Land Otto Hahns und Albert Einsteins versteht mit Ihrem genialen Erbe nichts mehr anzufangen. Die Angst um Unfälle, Atomwaffen und Strahlenmüll haben uns komplett im Griff, wenn wir diesen Energieträger bewerten. Die Gegenwart in Deutschland müßte uns ein nüchternes Urteil erlauben. Ein Unfall wie der in Tchernobyl erscheint unmöglich, weil unser politisches System nicht zu Lügen und Husarenritten anstiftet. Für Fukushima fehlt uns die Gefahr von Erdbeben und Naturkatastrophen in den Regionen, in denen die AKWs beheimatet sind. Ein Atomkraftwerk benötigt wenig Uran, um enorme Mengen Energie freizusetzen. Und tut das CO2 frei, ein Wunder der Physik. Ja, es gibt Strahlenmüll und der benötigt auf ewig unsere Aufmerksamkeit – aber es sind unheimlich geringe Mengen, von denen wir reden. Aber statt sich nüchtern diese Vor- und Nachteile vor Augen zu halten, wird die Diskussion abgewürgt – zu eng ist sie mit der DNA der Grünen verbunden, als dass man jetzt darüber offen diskutieren könnte. Es geht den Grünen darum, jetzt Tatsachen zu schaffen – nicht laufen lassen, sondern möglichst schnell abschalten und einen Wiederbetrieb unmöglich machen. Und da Putin Gas als Ersatzenergie nun quasi aushebelt, fehlt die Brückentechnologie. Auch wenn Habeck und das Wirtschaftsministerium LNG-Terminals bauen wird, es wird nicht reichen für die hohen Mengen, die alleine die Industrie an Prozesswärme benötigt. Ein Teil der Lösung ist, man glaubt es nicht, tatsächlich die dreckigen Braunkohlekraftwerke länger laufen zu lassen, bei denen die CO2 Emissionen mit Abstand am Größten sind. Wann ist uns beim Thema Energie zum letzten Mal das “Notwendige Übel” über den Weg gelaufen, dass wir schlucken müssen? Warum glauben alle nur so inständig daran, dass alleinig erneuerbare Energien segensreich sind?

Es wirkt wie ein großer Witz, wenn man sich die Energiepolitik von Schröder bis Merkel zu Scholz anschaut: Erst bringt der Wahlgewinn der Grünen den Abschied von Atom über 25 Jahre. Dann aber passiert Fukushima, Merkel beschleunigt den Ausstieg. Als Brückentechnologie kommt nur Gas in Frage. Dann wird, mit Hinsicht auf das Pariser Klimaschutzziel ja nicht nur das CO2 freundliche Atom, sondern natürlich die Braunkohle auch noch abgeschaltet. Jetzt steht alles auf den wackeligen Füßen einer noch zu beschleunigenden Energiewende (die im Dauerstau steht) und Gas-Kraftwerken, die Putins Krieg uns einfach mal weggekegelt hat. Im Ergebnis totale Panik, die Atomkraftwerke laufen nicht weiter, Braunkohle wird hochgefahren und irgendwo mehr Gas her. Die Windräder und PV-Installationen? Kommen nicht vom Fleck, teils wegen Genehmigungen und immer mehr fehlen uns selbst die Handwerker, die sie installieren könnten.

In seinen Dimensionen ist dieses Versagen kolossal. Wir schalten jetzt die letzten 3 AKWs ab. 11 Terawatt Leistung pro Einheit. 3 AKWs haben die Energieleistung von 3620 Windrädern der neuesten Generation (280 m hoch). Diese Windräder liefern nicht durchgängig Strom, sondern haben Ausfallzeiten. Natürlich gefährden sie auch ihre unmittelbare Umgebung und die Artenvielfalt, die Landschaft verschandeln sie sowieso. Wir genehmigen zur Zeit mur 99 Windräder pro Jahr, viel zu wenig für einen lukrativen Heimatmarkt. Ein Windrad draußen Off-Shore benötigt 6 Jahre Genehmigungszeit, die Klagezeiten auf dem Land bringen uns noch mehr Verzug in diese Projekte. Wir müssen schon etwas in Deutschland nie Dagewesenes leisten, nämlich die Bürokratie schlank machen, Risiken eingehen und quasi Rechtsbruch begehen, um diesen Ausbau zu beschleunigen. Wo soll ein Ausbau beschleunigt werden, wenn nicht die Rechte von Anwohnern und der Fauna gebrochen werden – um jeden Preis? Ich bin extrem pessimistisch, das dies erfolgreich geschieht. Da frisst der gute Wille auch seine Kinder. Für mich heißt das im Ergebnis: die Braunkohlekraftwerke werden wohl aktuell in Deutschland erst viel später abgeschaltet, es bleibt beim AKW aus und damit wird die Atmosphäre in dem Land, in dem am meisten Windräder, Biogasanlagen und PV pro Kopf stehen, alles viel massiver aufgeheizt. Wir sind letztlich keine Naturlandschaft, sondern immer noch ein Industrieland. Und da passt unser Hunger mit unserer Romantik zu zwei-drei Windrädern nicht zusammen. CO2-schonende Atomkraftwerke, die entweder eine Brücken- oder Zukunftstechnologie sind und in Deutschland so sicher wie nirgendwo sonst, warum schalten wir sie unnötig früh ab? Warum kann man damit JETZT nicht 10 Jahre warten? Wird der Druck auf die erneuerbaren Energien nicht schlicht schneller zum Zusammenbruch beitragen?

Kein Wunder, dass das Wall Street Journal Deutschlands Energiepolitik in Summe “Worlds Dumbest Energy Policy” nennt. Ich sehe aktuell noch keine Anzeichen dafür, dass sich die Verantwortlichen von unverantwortlichem Wunschdenken und ideologisch überfrachteten Energiedebatten lösen und etwas tun, was verantwortbar wäre: CO2 Ausstoss reduzieren, technologieoffen bleiben, Kosten im Blick halten und nicht alles auf eine Karte setzen, wissend, dass die Tektonik der Energiepolitik und neue Innovationen hier Zeit benötigen. Wer setzt ernsthaft auf ein paar Windräder, die man in Schleswig-Holstein so liebt, wenn es einen Fusionsreaktor geben wird? Ein Ausschnitt aus dem Artikel des Wall Street Journals bringt es erneut auf den Punkt: “The energiewende, or energy transformation, championed by Chancellor Angela Merkel heavily subsidizes unreliable wind and solar power, making it uneconomical for utilities to invest in cleaner natural gas. Meanwhile, Mrs. Merkel pledged to shutter German nuclear plants in the wake of Japan’s 2011 Fukushima disaster. Utilities have fallen back on cheaper but dirtier coal to fill the supply gaps when the wind doesn’t blow or the sun isn’t shining.” Und jetzt ist das Supply Gap so groß wie nie. Herzlichen Glücksstrumpf Deutschland, Du hast dich perfekt in die Ecke manövriert und bist nicht nur in Zukunft oft in Not, aber auch noch erpressbar geworden. So kann das nichts werden.

Ich möchte mit einer Anekdote abschließen, die mich viel gelehrt hat. 2017 war ich in der Zeche Auguste Viktoria unter Tage. Ich hatte die Gelegenheit, noch einmal die Kohleflöze zu sehen und begriff, wie unsere Energiequelle unter uns lag. Diese alten Wälder und Moore, zu Steinkohle gepresst, verfeuerten wir zu CO2 in unsere Atmosphäre. Aber ich lernte noch überraschendes mehr: Nämlich nicht dass die Flöze endlich waren, dass sie vom Ruhrgebiet aus immer tiefer in den Boden gingen bis England und in Manchester nach oben brachen. Nicht die Endlichkeit war es, der die Zechen schloss, sondern der Preis von billigem Öl und Gas, dass sich einfach viel billiger aus dem Boden ziehen ließ. Als Brandt nämlich das Gas aus Russland holte und mehr Ölquellen suchte, da ging es nur am Rande um Friedenspolitik, sondern vor allem einen billigen Grundstoff für die Wirtschaft. Und genau diese Pipelines führten zum Ende der Zechen, die einfach zu teuer waren (und heute zu dreckig). Jede Volkswirtschaft, insbesondere die Deutsche, braucht Energie wie die Luft zum Atmen. Es wird zu einem großen volkswirtschaftlichen Schock führen, dass wir auf absehbare Zeit nur als Preistreiber im Markt auffallen werden und damit unsere Wirtschaft mit gerade höchster Sicherheit in eine Rezession treiben werden. Und selbst wer die erneuerbaren Energien schätzt, sie können dieses Problem einfach nicht schnell genug lösen. Es ist ein Paradoxon für Viele, dass diese Utopie einfach nicht aufgehen wird.

Und ein letztes fiel mir damals in der Zeche auf als wir unter Tage waren: Kohle, da ist ein Stoff der Vergangenheit. Die Energie, dass Leben, das war schon aus Pflanzen und Tieren gegangen als es in Kohle gepresst wurde. Dennoch findet sich darin Energie, die wir nutzen können. Erneuerbare Energien nutzen nicht den Stoff der Vergangenheit, sie nutzen die Energie des Jetzt. Und das jetzt ist eben was es ist, es ist nie gleichmässig, mal zu wenig, mal zu viel. Es für unsere linearen Prozesse in Fertigung oder Verkehr einzusetzen, erscheint schwer vorstellbar: Die Sonne scheint, wir schmelzen Stahl. Es regnet, wir machen Siesta? Ich bin mir sicher, der Stoff für Energie ist eher der Stoff der Zukunft: Kernfusion. Und bis dahin ist etwas Kernspaltung vielleicht nicht schön, aber ein notwendiges Übel, dass auch die Träume erneuerbarer Energien sichert. Von der Ölkrise der 1970er zur Krise der erneuerbaren Energien 2022 kann im Zweifel ein sehr kurzer Weg sein.

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